Eröffnung des Jenaer Zentrums für Romantikforschung
Am 11. November 2025 feierten zahlreiche Besucherinnen und Besucher die Eröffnung des Jenaer Zentrums für Romantikforschung in den Rosensälen der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Nach erfolgreichen Jahren des von 2015 bis 2024 geförderten DFG-Graduiertenkolleg „Modell Romantik“ und der Forschungsstelle Europäische Romantik, die bereits seit 2010 bestand, soll nun das neu eröffnete Romantik-Zentrum Ort des interdisziplinären Austauschs und der Weiterentwicklung der Romantikforschung sein. „Beide Einrichtungen haben viele Gemeinsamkeiten, an die das neue Zentrum anknüpfen kann: Sie haben die Romantik nie allein als ein längst vergangenes historisches Phänomen betrachtet, sondern stets nach ihrer Relevanz für ein besseres Verständnis der Moderne und unserer Gegenwart gefragt“, erklärte Prof. Dr. Johannes Grave in seiner Begrüßung.
Der Frage danach, warum Jena ein Zentrum für Romantikforschung braucht, widmete sich apl. Prof. Dr. Sandra Kerschbaumer: „Gemeinsam mit unserer Nachbaruniversität Halle und dem dort angesiedelten Aufklärungszentrum wollen wir eine Basis für die Erforschung modernekonstitutiver Epochen und des Orientierungswissens bieten, das von ihnen womöglich ausgeht.“ Das Jenaer Zentrum für Romantikforschung solle ein Ort des Gesprächs werden – für etablierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland, Forschende aller Altersgruppen, aber auch für neue Interessierte.
Unter dem Dach des Romantik-Zentrums möchte man nicht nur über Fach-, Instituts- und Fakultätsgrenzen hinweg neue Projekte und Forschungsaktivitäten entwickeln, sondern auch die Lehre stärken. Das Ziel ist ein multifunktionales Zentrum, das neben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auch kooperierende Kulturinstitutionen und das interessierte (städtische) Publikum durch Lesungen, Ausstellungen, Debatten und ähnliche Formate in das Programm einbindet.
Auf die Begrüßungen folgte ein musikalischer Vortrag des Weimarer Pianisten Daniel Heide, der eine Verbindung von romantischer und Neuer Musik darstellte. Heide stellte den Kinderszenen, Op. 15 von Robert Schumann Auszüge aus den Elf Humoresken Jörg Widmanns gegenüber, so folgte beispielsweise der Träumerei Schumanns das Lied im Traume von Jörg Widmann. Das Publikum wurde durch ein musikalisches Ratespiel eingebunden.
Ein reich bebilderter Vortrag der Kunsthistorikerin und ersten Fellow des Jenaer Zentrums für Romantikforschung von der Bloomington University, Indiana, Prof. Dr. Cordula Grewe, bildete den Höhepunkt der abendlichen Beiträge. In ihrem Vortrag galt das Hauptaugenmerk der Arabeske als Denkfigur – eine „verschnörkelte Fußnote mit intellektuellem Biss“, wie Grewe sie nannte. Um die Aktualität der romantischen Arabeske zu betonen, nahm sie die Zuschauer mit in das Reich des Videospiels Dark Souls. Eine ihrer Schülerinnen, Lillie Tickel, Undergraduate und bekennende Video-Game-Nerd, entdeckte in der romantischen Arabeske ein griffiges Erklärungsmodell für ein ultramodernes Medium: das Videospiel. „Tatsächlich teilt Dark Souls mit der romantischen Arabeske die Lust an der Orientierungslosigkeit. Kein Masterplan, kein Zentrum – nur Kreisläufe, Wiederholungen, Variationen“, erklärt sie, „und noch etwas ist genuin romantisch an diesem hypnotischen Videospiel: das Verlangen nach einer Grenzüberschreitung von Leben und Kunst.“ Dass die Romantik und deren Forschung demnach heute und auch in Zukunft weiter aktuell bleibt, manifestierte ihr abschließender Ausruf: „Es lebe die Romantik: Sie lebe fort, fort, fort!“
An die Arabeske, wie sie von Cordula Grewe dargestellt wurde, schloss sich die Arabeske in der Musik, vorgestellt und mit dem Klavier unterlegt von Daniel Heide an. Er spielte unter anderem Stücke von Chopin, Schubert und Schumann. Eine weitere Übung mit dem Publikum, die auf die Stilmittel der Musik zielte, wurde von Stücken Schumanns und Debussys gerahmt.
Der Präsident der Universität Jena Prof. Dr. Andreas Marx richtete sich mit Dank an die Initiatorinnen und Initiatoren des Jenaer Zentrums für Romantikforschung und die Anwesenden der Eröffnungsfeier. Stolz betonte er die seit den 1990er Jahren bestehende Tradition der Romantikforschung in Jena. Besonders lobte er das Zeichen, dass das nun eröffnete Zentrum für die Forschung und die Profilbildung der Uni setze: Gemeinsam mit dem Exzellenzcluster Imaginamics stärke das Zentrum die Geisteswissenschaft der Universität und mache sie lebendig und sichtbar.
Dr. Helmut Hühn unterstrich anschließend die Bedeutung von Schillers Gartenhaus und des Goethe-Laboratoriums als tragende Säulen des neuen Zentrums. Das Goethe-Laboratorium werde am 21. und 22. Februar nächsten Jahres gemeinsam mit dem Ernst-Haeckel-Haus, der Didaktik der Physik und der Gesellschaft für Strahlenschutz eine Veranstaltung ausrichten, in der das Experiment nachgestellt werde, mit dessen Hilfe Johann Wilhelm Ritter vor 225 Jahren die UV-Strahlung entdeckte.
Mit einem Ausblick auf weitere Veranstaltungen des Jenaer Zentrums für Romantikforschung bildete Dr. Britta Hochkirchen den offiziellen Abschluss der Veranstaltung: So wies sie beispielsweise auf die neue Veranstaltungsreihe „Blauer Salon. Gespräche zur Romantik“ hin, die im Dezember 2025 und Januar 2026 erstmals stattfinde. Für das Sommersemester 2026 seien außerdem eine Ringvorlesung sowie eine interdisziplinäre Tagung zum Thema „Die ambivalente Macht der Phantasie – historische und aktuelle Debatten“ geplant. „Wir freuen uns, dieses Zentrum mit Ihnen gemeinsam in Zukunft zu gestalten und damit die Romantikforschung hier in Jena weiterzutragen“, schloss sie und leitete zum Empfang im Nebenraum über, der eine erste Gelegenheit für Austausch und Gespräche über die Romantik im Rahmen des nun eröffneten Jenaer Zentrums für Romantikforschung bot.
Bei bester Stimmung, Wein und Broten wurde nicht nur über Romantik, sondern auch über die im Saal aufgestellten skulpturalen „Lichtsäulen“ des Jenaer Bildhauers Robert Krainhöfner diskutiert.